Historische Persöhnlichkeiten der Kochkunst

 

Wer essen will, ohne sich auf die Kochkunst zu verstehen, wird über die dargereichten Speisen kein sicheres Urteil fällen können.

Platon

 

 

Natürlich erheben wir keinen Anspruch auf  Vollständigkeit, und die Liste der Autoren wird fortlaufend erweitert, um Personen die uns wichtig erscheinen. 

 

ARTUSI, Pellegrino

ARTUSI, Pellegrino 1820 – 1911

War Seidenhändler, Feinschmecker und Literaturkritiker der mit über 70 das Kochbuch La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene (Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens) in eigen Regie herausbrachte.

Was er nicht ahnen konnte, war dass er mit diesem Kochbuch einen wesentlichen Anteil zur  nationalen Identität 30 Jahre nach der Staatsgründung hatte. Er schrieb nicht nur Rezepte aus den verschiedenen Regionen auf, sondern ging auch auf die Sitten und Gebräuche der genannten Provinzen ein. So räumte er auch mit den französischen Begriffen in der Küche auf und gab den Gerichten und den Zutaten wieder ihren italienischen Namen.

 

Das meist verkaufteste italienische Kochbuch und heute noch als überarbeitete Ausgabe zu kaufen.

CAILLAT, Apollon 1857 – 1942

 Französischer Küchenchef, Autor und  „chevalier de la Légion d’Honneur“. Begann als 12 Jähriger seine Lehre im Hotel Victoria in Toulon. Mit 15 ging er nach Marseille ins Hotel de Castillon und ins Restaurant des Gourmets. Es waren schwierige Zeiten, die Löhne waren niedrig so das er neben seiner Arbeit noch Zeitung verkaufen musste. Er ging als Saissonier nach Menton, Cannes, Evian und Interlaken um sich danach in Lyon nieder zu lassen.

 

Später pachtet er das Hotel de l’Europe in Aix-les-Bains. Als Küchenchef war Caillat zuletzt im Hotel du Louvre in Marseille tätig. Danach wurde er Inspektor der „cuisines à la Société Hôtelière de Ravitaillement“ wo er Personal für Kurz-und Langstrecken-Schiffe rekrutierte und schulte. Durch seine Professionalität und Erfahrung arbeitete er für zahlreiche Zeitschriften unter anderem für den „L’art culinaire“.

 

Er veröffentlichte eine kleine Abhandlung: 

 

150 manières d’accommoder les sardines.


Mit Auguste Escoffier, Ph. Gilbert und E. Wisp begann er an der Ausarbeitung des Guide Culinaire. Caillat setzte sich  im Laufe seiner Karriere für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Köche ein, und kämpfte genauso für die Einhaltung der wöchentlichen Ruhezeiten.

HAGGER, Conrad. 1666 – 1747

Schweizer Kochbuchautor und Küchenchef der seine Kariere als Küchenbursche in der Hochfürstlichen „Mund-Küchel zu St. Gallen“ begann und seine Ausbildung in Augsburg beim Stadtkoch J. L. Prassin beendete. In der Zwischenzeit diente er dem Grafen „Latour" den er in den Großen Türkenkrieg begleitete.

 

Seine Wanderjahre führten ihn nach Siebenbürgen, Wien und Mailand bevor er 1701 bis 1709 als „Stadt und Landschaftskoch“ beim Fürsterzbischof Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein anfing. Von 1709 bis 1727 diente er Franz Anton Fürst von Harrach zu Rorau. Danach verliert sich die Spur seines Lebensweges.

 

1718 veröffentlichte Hagger beim Verleger Johann Jacob Lotter in Augsburg das „Neues Saltzburgisches Kochbuch. Für Hochfürstliche und andere vornehme Höfe / und Clöster / Herren-Häuser / Hofund Hauß-Meister / Köch und Einkäuffer; Wie auch Für einschichtige / gesund und krancke Persohnen / nicht allein zu Hauß / sondern auch im Feld. Mit mehr dann 2500 Speisen / und 318 in schönen Kupffer=gestochenen Formen / aus eigener langwieriger praxi also eingerichtet / Daß man auch bey Hoch=Fürstl. und vornehmer Höfe Tafeln / bey großen Gastereyen und gemeinen Mahlzeiten die Tische auf das zierlichste mit annehm-lichsten Abwechslungen täglich versehen und bestellen kann / Bestehend aus 4. Theilen / in 8. Büchern eingetheilt / bey deren jeden ein doppelt Register neu angehänget.“

 

Es ist sicherlich das aufwendigste und schönste deutschsprachige Kochbuch des Barocks.

Die Quantität der Rezepte als auch das umfangreiche Verzeichnis, sucht man vergebens in den grossen Klassikern der Kochbuchautoren. Die in dem Buch besonders betonten Schaugerichte, welche hier in teils prachtvoll u. ornamental verzierten Kupfern dargestellt sind, waren zu dieser Zeit in Frankreich bereits überholt.

 

Nichts desto trotz wartete Hagger mit einer Vielzahl von Rezepten auf, die sich mit Gemüse und Obst beschäftigen, was zum Ende des 17. Jahrhunderts nicht in der Vielzahl üblich war.

Leider kochte er Kräuter und Gemüse sehr lange mit, was im Mittelalter gang und gäbe war.

Wer solch ein Fundus an Rezepten gesammelt hatte, zu einer Zeit wo noch die Pest in Europa wütete dem gebührt grössten Respekt für sein Lebenswerk. Aber woher nahm er die Inspiration für sein Buch? Allein aus der Wanderzeit oder von den französischen Kochbüchern der Zeit?


Interessant sind auch Grundregeln für die Küchenburschen die ich unter dem Text eingefügt habe, als auch ein Rezept für die Linzertorte. Rezepte der Torte tauchen in unzähligen Büchern seit dem Barock auf. Hannes Etzlstorfer  schreibt in seinem Buch Küchenkunst und Tafelkultur: „Das älteste Rezept stammt aus dem Jahr 1653 aus dem Benediktinerstift Admont“.

 

1765 erschien posthum und ohne die Kupfer das „Koch-Buch, bestehend in fünfzehn Capiteln, nebst einen Anhang verschiedener Speisen“. Die Ausgabe ist seltener anzutreffen als das Hauptwerk.

KRACKHART, Carl 1837 – 1906

Deutscher Konditor und Autor, wurde als Sohn eines Landarztes in Walmesskirch geboren. Mit 14 begann er in der Konditorei Vogel, später Braun in Ansbach die Lehre. Nach der Ausbildung begab sich der junge Carl auf  Wanderschaft Richtung Darmstadt, Kassel, Bad Soden, Hamburg, Flensburg und Berlin. Eine Anstellung in Paris kam wegen den politischen Spannungen nicht zu Stande. So machte er sich in Bayern für 2 Jahre  selbstständig. Um 1870 kam er einer Einladung des Verlegers Heinrich Killinger (den er aus seiner Lehrzeit kannte) nach, ein illustriertes Conditoreibuch herauszugeben welches 1872 erschien. Danach ging er 1873 zur Weltausstellung nach Wien und blieb dann 7 Jahre in Berchtesgaden um sich dann neuen Herausforderungen zu stellen. Sein Weg führte ihn über Verona, Mailand, Genua, Nizza, Marseille und Lion nach St. Etienne, um dann die letzten Jahre seines Lebens in Münden (Landkreis Göttingen) zu verbringen. Der Verdienst von Krackhart und Killinger liegt darin dass sie mit dem Illustrierten Conditoreibuch ein Buch auf den Markt brachten welches zum Ende des 19 Jhdt seines gleichen suchte. Erstmals in Deutschland wurde das Medium der Chromolithographie für ein Buch der Gastronomie voll ausgenützt. Auch die Qualität der Rezepte ist sehr überzeugend, da sie auch heute noch funktionieren. Die Erstausgabe kam eben 1872 heraus und die 11. Ausgabe war die Letzte und wurde ca. 1915 herausgegeben. Das Buch erschien in A-Ausgaben in Farbdruck wie auch in B-Ausgaben in schwarz/weiss. Krackhart selbst zog sich 1902 aus dem Verlag zurück. Die Überarbeitung der Folgeausgaben übernahm Hofkonditor Bernhard aus München. Krackharts Bücher sind die Vorfahren aller späteren deut­schen Konditoreifachbücher wie Weber, Heckmann, Gruber, Beyrich etc.

MALORTIE, Ernst Carl Otto von 1804-1887

War Hofmarschall des Herzogs Ernst August von Cumberland (dem späteren König Ernst August von Hannover) und später Oberhofmarschall. Der König ernannte ihn später zum Staatsminister und Minister des königlichen Hauses. Als Hofmarschall organisierte er unter anderem das gesamte Hauswesen des Hofs, traf Anordnungen für die fürstliche Tafel, die Hofküche und die Kellerei. So konnte Malortie auf jahrzehntelange Erfahrung am Hof zurückgreifen als er mit über 70 Jahren sich als Autor gastronomischer Literatur einen Namen machte. 1842 schrieb er sein Erstwerk mit dem Titel <Der Hofmarschall. Handbuch zur Einrichtung und Führung eines Hofhaltes>. Laut Weiss: 2428 - War die Erstausgabe gastronomisch weniger Interessant. Die 2. Ausgabe von 1846 beinhaltete unter anderem Dienstinstruktion des Küchen- und Kellerpersonal und Personalmenüs. Sowie eine Auflistung zahlreicher Hofdiners und servierten Speisen.

1878 erschien <Das Menü. Eine culinarische Studie>. 1880 veröffentlichte Malortie <Die feine Küche>.

Wegen der Aufnahme zahl­reicher historischer Menüs auch von kulturgeschichtlichem Interesse. Auf Seite 271 der 3. Auflage 1. Band findet man eine grosse Auswahl an bibliographischer kulinarischer Literatur. Neben dem "Rottenhöfer" das bedeutendste Kochbuch der Zeit für die herrschaftliche Küche. Es wurde erst 1902 mit erscheinen des <Kochkunstführers> von Escoffier abgelöst. Bestes Handbuch zur Menulehre in deutscher Sprache.

  

MASSIALOT, François 1660-1733

Koch, Autor und „Officier de bouche“ (1) nannte sein Erstwerk „Cuisinier Royal et Bourgeois“ 1691. Wohl nicht ohne Grund, stand er doch als Störkoch (2) und Küchenchef wichtigen Banketts vor. So legte die Menufolge des oben genanten Buches Zeugnis ab über die Personen die er bekochte. Hier eine kurze Liste der vornehmen Herren: Philippe I. (Bruder von Ludwig  XIV.) die Herzoge von Chatres, Orléans und Aumont als auch dem Kardinal von Estrées sowie dem Ersten Hausmeister des Königs. Sein Buch „Der Königliche und Bürgerliche Koch“ war ein Novum in der französischen Kochbuchliteratur, da es einen lexikalischen Aufbau und ein detalliertes Register im Anhang hatte. So hinterliess er uns bekannte Rezepte wie die Creme brûlée und der Meringue. Eine Neuerung war auch das abbinden mit Ei anstatt mit Mide pain (geriebenes Brot). Das genannte Werk war das Erste französische Kochbuch welches in deutscher Sprache übersetzt wurde.

(1) Dem Officier de Bouche unterstanden die Herstellung der Süssspeisen, Gebäck sowie die Besorgung derer.

(2) Als Störkoch wurden Wanderköche bezeichnet, die freiberuflich von Arbeitgeber zu Arbeitgeber wechselten.

 

SCHNURR, Balthasar (von Lensidel) 1572 – 1644

Von Beruf  aus Pfarrer bearbeitete und übersetzte er vorwiegend Schriften und Arbeiten anderer. Sein bekanntestes Werk der „Mückenkrieg“ von Hans Fuchs d. Aelt. ist eine Übersetzung der „Moschea“ ein Gedicht aus dem marokkanischen von Teofilo Folengo.Sein „Kunst-, Haus- und Wunderbuchgehörte zur der Hausväterliteratur und wurde 1615 zum erstenmal gedruckt.


Vollständiges, und schon aller Orten bekandtes Kunst= Hauß= und Wunder=Buch/ Darinnen nicht allein allerhand zur Haußhaltung nutz= und dienliche Sachen/ sondern auch andere rare und approbirte Wunder= und Kunst=Stücke / Auffs neue wiederumb verbessert: Männiglich / insonderheit allen Haußvättern und Haußmüttern  / wie auch anderen Kunst=Liebenden zu grossem Nutz / und nachsichtiger Ergötzung / über vorige Edition mit noch zwölff nutzbaren Bücher und Tractätlein vermehret / mit einem behörigen nützlichen Register versehen / und schönen Kuppferstücken geziert.

Zwischen 1615 – 1676 erlebte das Buch 12 Auflagen.


Das seltenste und in dieser Auflage wohl umfassendste „Hausväterbuch“.

Letzte Ausgabe des seinerzeit sehr beliebten Hausbuches, gegenüber den früheren Auflagen erheblich erweitert. Enthält Kapitel zu Kochen, Konfekt, Wein, Essig, Bier, Destillation, Arzneien, Roß-Arzneien, Alchemie, Metalle, Planeten, Farben, Maler-Kunst, Traumdeutung, Feuerwerk u. a. "Absonderliche Kochrezepte wie die gebratene lebendige Gans, einen Capaun ohne Feuer zu kochen, Eier in kaltem Wasser zu sieden oder in der Hand zu braten etc. finden sich im Wunder-Büchlein." Es ist sicherlich eines der kuriosesten gastronomischen Bücher.                                                                     

Le cuisinier Fraçois

VARENNE, François Pierre de la ca. 1618 – 1678

La Varenne war ein Pseudonym welches bis heute nicht entschlüsselt werden konnte. Von seinem Beruflichen Werdegang ist nicht viel überliefert.

 

Er begann als Küchenjunge bei der Herzogin von Bar (Margarita Gonzaga eine Nichte der Maria von Medici). Ob nun Ludwig XIII. oder die Königinmutter, an dem talentierten François gefallen gefunden hatte, ist unbekannt. Man nimmt, an das er seine berufliche Laufbahn, in der Küche der Medici fortführte. Später war er Küchenchef des Marquis d’Uxelles.

 

Die Verbreitung der Annahme das er dem Marquis die bekannte Champignonfüllmasse „Duxelles“ gewidmet hat läst sich nicht zweifelsfrei beweisen, da kein Rezept mit diesem Namen in seinen Büchern zu finden ist.

 

100 Jahre nach dem Letzten erscheinen eines französischen Kochbuchs und 300 Jahre nach erscheinen des Kochbuchmanuskript von Taillevents "Viandier" (1373) veröffentlichte La Varenne 1651 Le Cuisinier François welches den Weg für die haute cuisine ebnete mit vielen Erneuerungen, Ideen und dem Abwenden von der mittelalterlichen Küche. So auch die Weiterentwicklung der italienischen Einflüsse in Frankreich.

 

Das Vermächtnis des Schreibers, wovon Generationen von Köchen profitieren, aufzuführen würde den Rahmen dieser kleinen Abhandlung sprengen.

Hier nur einige Beispiele:

La Varenne legte weniger Wert auf viele verschiedene Exotische Gewürze, als auf einheimische Küchenkräuter, denn die vormals teuren Zutaten wurden für das Bürgertum immer erschwinglicher. Des wegen wurde mehr Wert auf die anspruchsvolle Zubereitung gelegt.

Die Aufteilung des Schlachtfleisches und die Einteilung nach Grundzubereitungsarten (so wie wir es bis heute noch kennen).

Das klären von Gelees mit Eiweiss.

Die Verwendung von Suppengrün um Saucen zu würzen.

Reduzieren von Saucen und Suppen um den Geschmack zu verstärken.

Die Bouillon Roux für die Herstellung von der Velouté.

Gemüsegerichte gewannen an Bedeutung wie Blumenkohl, Champignons, Spargel und Artischocken.

 

Der kulinarische Schnitt vom Mittelalter zur Neuzeit war natürlich schleichend und nicht der Verdienst eines Einzelnen. Denn kurze Zeit später erschienen eine Reihe von Publikationen von Autoren die nochmals die Rezepte verfeinerten und nicht mit Kritik an La Varenne sparten.

 

BONNEFONS (Nicolas de). Les Délices de la Campagne. 1654

LUNNES (Pierre de). Le Cuisinier. 1656

L’Escole parfaite des officiers de Bouche. 1662

L.S.R. (Pseudonym). L’art de bien traiter. 1674

MASSIALOT, François. Cuisinier Royal et Bourgeois. 1691

 

Denn einige Rezepte waren doch noch sehr stark aus den vergangenen Jahrhunderten geprägt

z.B. pochierte Eier in Läuterzucker oder Huhn mit Himbeeren.

Andere Rezepte wie das Huhn in der Flasche oder die "foi gras" in der Asche wären auch heute noch in der Spitzengastronomie originell.

Le Cuisinier François erlebte 30. Auflagen und erschien zuletzt 1727.

La Varenne starb verarmt und relativ unbekannt.

 

Marcus van Sprang

antiquariat@kochkunstbibliothek.ch